Freitag, 10. August 2007

ASBÖ-Podiumsdiskussion: Leistbare Pflege für alle ein Muss

Ein Jahr nach Beginn der Pflegedebatte Teilaspekte gelöst, aber
nachhaltige Lösung weiter gefragt

Wien - Im Rahmen der gut besuchten Veranstaltung "Was bringt
das Alter? Pflege: Wer sie braucht, was sie kostet, wer sie
finanziert", organisiert vom Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs
(ASBÖ), diskutierten Sozialminister Dr. Erwin Buchinger, Direktor der
Pflegeheime der Stadt Wien Dr. Roland Paukner, Univ.-Prof. Dr.
Siegfried Meryn, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und
Krankenpflegeverbandes Christine Ecker, MBA, MAS und Präsident des
ASBÖ Franz Schnabl die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen
im Bereich Pflege und Betreuung.

ASBÖ-Präsident Schnabl appellierte dabei für mehr Qualität und
soziale Fairness. "Ein Jahr nach der Pflegedebatte wurden zwar
Teilaspekte gelöst, eine nachhaltige Lösung fehlt aber nach wie vor",
so Schnabl. Menschen auf Dauer in eine Scheinselbstständigkeit zu
drängen, sei unhaltbar, außerdem würde dadurch die Qualität nicht
gewahrt werden können. Nicht zuletzt die Tatsache, dass vor allem
Frauen davon betroffen sind, würde eine soziale Schieflage fördern.

"Die Politik verdrängt das Problem der Pflege nicht mehr, sondern
stellt sich der Herausforderung", betonte Sozialminister Buchinger.
Man sei auf einem "guten Weg" und habe schon einiges erreicht, wie
beispielsweise die Regelung der 24-Stunden-Betreuung zu Hause. Diese
sei zwar nur ein schmales Segment der gesamten Pflegethematik, jedoch
umso wichtiger, da bisher in diesem Bereich kein leistbares legales
Angebot existiert habe.

Für die Pflege im Alter lässt sich prognostizieren, dass die Zahl
der über 85-Jährigen stetig steigt. Laut Buchinger sind derzeit
300.000 Menschen über 85, bis 2050 rechne man mit über einer Million.
Trotz allem, so Buchinger, sehe er keinen Anlass zur Angst, ein
"Pflegekollaps" sei nicht zu befürchten, die Politik müsse sich nur
weiterhin des Themas bewusst sein und an Lösungen weiter arbeiten.

Die Verhandlungen um die Finanzierung seien laut Buchinger oft
nicht einfach, da der Bereich der Pflege von den Zuständigkeiten
zersplittert sei. Einerseits gebe es eine horizontale Zersplitterung
zwischen den Ressorts, andererseits eine vertikale zwischen Bund und
Ländern. Buchinger nannte drei Möglichkeiten zur Finanzierung der
Pflege. So könne man eine Pflegeversicherung im Rahmen der
Pflichtversicherung etablieren, zum zweiten sei die Finanzierung über
Steuermittel vorstellbar und des Weiteren gebe es die Möglichkeit der
privaten Vorsorge. "Meine Sympathie gehört der zweiten,
steuerfinanzierten Variante", stellte der Sozialminister klar.

Die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und
Krankenpflegeverbandes Christine Ecker setzt sich für das Wohl der
PflegerInnen ein. Leistbare Pflege dürfe nicht "billig" bedeuten.
Dies würde implizieren, dass ambitionierte BerufsanwärterInnen in
Zukunft nichts verdienen und sie somit Perspektiven verlieren würden.
Der erhöhte Bedarf an Pflegekräften in den nächsten Jahren müsse
bereits jetzt in Angriff genommen werden. Schon jetzt seien bis zu
10% der Pflegestellen unbesetzt. Ob die Planstellen generell
ausreichen würden, sei ebenfalls eine heikle Frage.

Jeder Pflegefall sei individuell, so Paukner, dementsprechend
seien auch viele Möglichkeiten der Pflege notwendig. Die Stadt Wien
habe ein vielseitiges Angebot an Pflegenetzwerken, von der
stationären bis zur ambulanten und Hauskrankenpflege, um auf die
individuellen Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Er warnte davor,
zwei Systeme einer Finanzierung zu entwickeln, die bedeuten würden:
Pflege daheim ist gut, stationäre Pflege weniger qualitativ. Außerdem
dürften Pflegebedürftige nicht automatisch zu Sozialhilfeempfängern
werden, betonte Paukner.

Für Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn sollte die Kostendiskussion
beiseite gelegt werden. Wichtiger sei die Qualität in der Ausübung
des Berufes. "Der Mangel ist Tatsache. Es werden mehr ausgebildete
Pflegekräfte benötigt und es muss in diese Berufsfelder investiert
werden. Das heißt eine adäquate Bezahlung und Unterstützung für diese
Schwerarbeit", so Meryn. Die gesellschaftliche Wertschätzung für diese
Berufsgruppe sei gering, der Pflegeberuf müsse aufgewertet werden.

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